Steigerung der Trainings-Effizienz

Gerade in Zeiten von "geleanten" Weiterbildungsbudgets, verstärktem Controlling und Evaluierung der Weiterbildungs-Maßnahmen bei erhöhten Anforderungen an berufliche Qualifizierung kommt der Frage nach Erhöhung der Trainings-Effizienz ganz besondere Bedeutung zu.

Paßform, Maßarbeit ist im Training gefragt, keine Konfektionsware!

Wie aber nehmen Trainer/Weiterbildungs-Verantwortliche Maß? Wie werden Seminare didaktisch so maßgeschneidert, dass jeder Teilnehmer das mitnimmt, das bei ihm die größte Chance hat, in sein tägliches Verhalten übernommen zu werden?

Ich will dies einmal auf dem Gebiet der Trainingsdidaktik und -Methodik darstellen. Also auf dem Gebiet, auf dem es darauf ankommt, welche Wahrnehmungs- oder Referenz-Systeme wir bei unseren Teilnehmern erreichen und wie wir Lern- und Transferprozesse effizient, d. h. ziel- und teilnehmerorientiert, gestalten und begleiten.

Dabei möchte ich weniger darauf eingehen, mit welchen psychologischen Persönlichkeits-Untersuchungen und Tests die Biostruktur-Analyse adaptierbar ist oder auch nicht. Auch biete ich keine vergleichende Betrachtung von HDI, NLP oder TA, GRID, DISG, PSA oder welch' andere Methoden wir Trainer noch "on board" haben, um die typischen Verhaltensmerkmale eines Lernenden zu ermitteln.

Ich werde mich dabei auf den Einsatz der Biostruktur-Analyse und deren Auswirkungen aufs Training, so wie ich es erlebe und sehe, konzentrieren.

Nun, ich nehme mal an, jeder hat reichlich Trainingserfahrung, zumindest als Teilnehmer, und war bzw. ist Zielgruppe von Personalentwicklungsprogrammen mit Training als Transfer-/Umsetzungsleistung.

Doch auch innerhalb der Personalentwicklungsprogramme haben nicht selten die Seminare Konjunktur, die dem Vorgesetzten am besten gefielen. Seine Fähigkeiten, seine Eigenschaften und seine Bedürfnisse wurden angesprochen. Und nach der Melodie: "Was mir gut tut, tut auch Dir gut", besucht einer nach dem anderen aus der Abteilung das gleiche Seminar. Was seminarinhaltlich sogar Sinn machen kann, wenn es darum geht, gleichen Wissensstand in die Abteilung oder Bereiche zu bringen.

Aber haben denn alle den gleichen Trainingsbedarf? Und ist das Personalentwicklungsarbeit, die dem Betrieb dient, wenn es darum geht, weitere Human-Reserven zu erschließen, Sozialkompetenzen zu erkennen, zu verstärken?

Aus diesen Fragen habe ich zwei Erkenntnisse abgeleitet, die ich beide für sehr wichtig halte, die sich aber logisch auszuschließen scheinen.

Die eine Erkenntnis lautet: Du bist, wie Du bist, und bleib Dir selber treu! Versuche nicht als Führungskraft oder Trainer eine Kreuzung aus Alexander dem Großen, Albert Einstein und Thomas Gottschalk zu werden. Also bleibe authentisch! Folge Deinem Naturell, oder wie es Juergen Schoemen sagte, "der Ausprägung Deiner genetischen Information". "Sei der, der Du sein kannst!" lehrte auch schon Platon. Und betonte damit die Einmaligkeit eines jeden von uns! Daraus leite ich für Trainer und Teilnehmer die Aufgabe ab: unser äußeres Verhalten und Sprechen mit der inneren Wahrheit in Deckung (Übereinstimmung, Kongruenz) zu bringen. Daraus Ableitung Lernziel: Authentizität, statt schablonisiertem Rollenverhalten.

Das ist leicht postuliert, wenn wir dann in 90% der Stellenanzeigen (Studie 1998, Universität Bremen), in denen Führungskräfte gesucht werden, folgende Kriterien als Anforderungen finden, wie: "visionär, kommunikativ, teambildend, durchsetzungsstark, integer, motivierend, innovativ, pragmatisch". Damit wird nur allzuoft versucht, einen Ideal-Typus zu suchen, den man aber nicht finden wird. Prof. Dr. Fredmund Malik, Management-Zentrum St. Gallen, betont, dass "wirksame", erfolgreiche Persönlichkeiten, gelernt haben, ihre Stärken zu erkennen und sich auf deren Nutzung zu konzentrieren. Sie kümmern sich nicht besonders um ihre Schwächen. Und sie haben sich in Positionen manövriert, wo genau diese Stärken zählen!" Und wir Trainer sollten sie als Coach, Lernberater, Prozeßbegleiter dabei unterstützen. Aber wie?

Die andere Erkenntnis: Überschreite Deine "Grenzen". Aber in dem Sinne, dass Du Deine Stärken ausprägst, weiterentwickelst. Denn Du kannst zwar auch an Deinen "Begrenzungen", Deinen Defiziten, arbeiten, es werden aber nie Deine besonderen Stärken werden können. So wird ein Marathon-Läufer auch mit Hanteln und Gewichten trainieren müssen, wenn er eine Top-Leistung erreichen will; es wird für ihn aber einen völlig anderen Stellenwert haben als für einen Schwerathleten. Ein guter Marathon-Läufer kann nicht zugleich auch eine überragende Leistung, z.B. im Kugelstoßen, erzielen. Denn: Bestimmte menschliche Eigenarten und Fähigkeiten bedingen einander; während sich andere gegenseitig regelrecht ausschließen.
Oder anders gesagt: Bestimmte Stärken ziehen bestimmte Begrenzungen nach sich.

Und hier sind wir im Verantwortungsbereich der Personalentwicklung und der persönlichen Entwicklung. Gib Dich also mit Deinen Grenzen nicht zufrieden. Du kannst diese Grenzen überschreiten. Nur welche Deiner Grenzen kannst Du wirklich überspringen? Auf welchen Gebieten kannst Du Dich weiterentwickeln, Deine Energien einsetzen?

Aber vor dem Bestimmen kommt das Erkennen. Und dabei helfen dem Teilnehmer und dem Trainer die Erkenntnisse der Biostruktur-Analyse. Dem Unternehmen kann sie so als Potential-Analyse dienen, vor allem wenn es darum geht, Sozialkompetenz, Teamfähigkeit' Planungsbefähigung, Durchsetzungsfähigkeit zu entwickeln oder für das Projekt-Team die geeigneten "Player" zusammenzustellen.

Ich starte auch jedes Team-Training mit der Biostruktur-Analyse, um mehr Verständnis der Teilnehmer für ihre Unterschiedlichkeit zu erreichen, mit denen sie Lern- und Entscheidungsprozesse durchführen. Da gibt es die "Rot-Dominanten", die sofort an die Pinwand stürzen, die moderieren, Ergebnisse zusammenfassen. Ohne Wissen dieser verhaltens-genetischen Besonderheit, besteht in dieser Trainings-Situation für die Teilnehmer, die eine "Blau-Dominanz" haben, also mehr analytisch, abwägend den Gruppenprozeß begleiten, die Gefahr, dass sie sich "untergebuttert" fühlen und das ggf. persönlich nehmen und "aussteigen".

- Sie erleben diese Situation verstärkt in Assessment-Center, wo die "Rot-Dominanten" mit ihrer Präsenz leicht beeindrucken. Während die Teilnehmer mit grüner Dominanz noch dabei sind, eine gute Beziehung zum unmittelbaren Nachbarn und vor allem zum Trainer aufzubauen.

Wenn wir darüber gesprochen haben, wenn allen klar ist, dass dies weder etwas mit dem Seminarstoff, dem Trainer, dem Nachbarn, sondern etwas mit biologischen Strukturen zu tun hat, also nicht persönlich gemeint ist, bleibt die Lernsituation offen und locker. Im Gegenteil, erst dieses neue Wissen fördert Neugier und damit die Kommunikation. Obwohl das Struktogramm keine Typologie ist, wird dann schnell in der Gruppe vom "Grünen, Roten oder dem Blauen" gesprochen, für den es halt typisch ist, dass er dreimal seine Ergebnisse absichert, bevor er entscheidet.

Die Teilnehmer lernen mit ihren Stärken und den Stärken der anderen umzugehen, ohne dabei in eine zusätzliche Konkurrenz-Situation zu geraten. Sie lernen auch ihre Risiken kennen, die zu Schwächen werden können.

"Die Persönlichkeit eines Menschen ist", wie Juergen Schoemen, Leiter des Deutschen Struktogramm-Zentrums sagt, "eine Medaille mit zwei Seiten: einer biologischen und einer psychologischen". Die biologische Seite wird noch in vielen Trainings vernachlässigt. Wir huldigen als Trainer noch allzu oft einem grenzenlosen Behaviorismus: Alles ist machbar, alles ist veränderbar, alles ist trainierbar. Mit den bekannten Resultaten: frustrierte Teilnehmer, frustrierte Auftraggeber und letztlich auch frustrierte Trainer, die mit offensichtlich guten Methoden, noch mehr gutem Willen und viel Energie auf die falsche Basis setzten. Wir finden das besonders häufig, leider, bei den Trainern, die sich, weil sie überragende Erfolge als Verkäufer erzielten, später als Trainer selbständig machten und vorwiegend die Teilnehmer nach den Methoden unterrichten, die ihnen genau zu diesem Erfolg verhalfen. Dabei aber übersehen, dass sie dazu andere verhaltensgenetische Eigenschaften mitbrachten als die Mehrheit ihrer Teilnehmer (Pigmalion-Effekt). Und sie bestätigen das Peter-Prinzip.

Und gerade in einer Zeit, in der die Entwicklung sozialer Kompetenz oberste Schlüsselqualifikation darstellt, in der in den Unternehmen die Effizienz des Trainings besonderem Controlling untersteht und die Evaluierungs-Methoden immer feiner werden, in der der Trainingserfolg nicht mehr auf Feedback-Bögen, sondern am Ergebnis des Praxistransfers gemessen wird, wiegen solche Trainingsfehler besonders schwer.

Die Übereinstimmung zwischen der Persönlichkeitsstruktur eines Menschen und seinem erlernten Verhalten (Authentizität) ist eine zentrale Voraussetzung für seinen Erfolg; und dies setzt die bewusste Kenntnis der eigenen Persönlichkeitsstruktur voraus.

Wir können dann auch in Führungstrainings offen darüber reden, dass bei der Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen, sowohl die Reize, Einflüsse der Umwelt (persönliche Erfahrungen, Sozialisation/Erziehung) als auch seine genetisch veranlagten Strukturen eine Rolle spielen. Und vor allem, dass nicht alles an- oder wegtrainiert werden kann.

Ein introvertierter Chef, der ein starkes Absicherungs- und Kontrollbedürfnis hat, wird nach einem mehrtägigen Motivations-Seminar zwar neue Erkenntnisse im Kopf verarbeiten, dennoch wird es ihm auch in Zukunft schwer fallen, spontan motivierende Begeisterung für die Leistung eines Mitarbeiters auszudrücken. Er wäre dann auch wohl nicht mehr authentisch und aus Sicht der Mitarbeiter nicht mehr "berechenbar". Da Struktogramm-Ergebnisse wertfrei sind, gibt es hier auch kein "Gut" oder "Schlecht". Führungskräfte und Mitarbeiter sollten jedoch ihre Stärken kennen und wenn sie erfolgreich sein wollen, auch ihre Positionen finden, wo diese Stärken den meisten Nutzen bringen. Für uns Trainer heißt dies, dass wir aus einem controlling-geprägten Chef keinen Motivations-Guru machen können/sollten.

Mit den Erkenntnissen der Biostruktur-Analyse können wir Lernziele so beschreiben und vor allem Transfer-Strategien entwickeln, dass alle Lerntypen, sprich alle Dominanzen unserer Teilnehmer angesprochen werden. Also Planspiele und viel Quellenmaterial, viel Zielarbeit für die "Blau-Dominanten", affektiv gesteuerte, authentische Rollenspiele, Kreativitätstechniken, Vertrauensübungen und Teamarbeit für die "Grün-Dominanten", und ganz viele "Hier- und Jetzt-Situationen" mit Raum für Spontanität und Wiederholung von ganz viel Improvisationsgelegenheit für die "Rot-Dominanten". Die Wissenschaft spricht hier von "subjektiver Didaktik bzw. individuellem Lernen".

Die Biostruktur-Analyse zeigt also auf, wo Chancen und Stärken sind, die im Training weiter ausgebaut werden können. Sie zeigt auch Risiken auf, nämlich die Gefahr; Stärken so zu übertreiben, dass sie zu Schwächen werden.

Wenn einer nur noch plant und abwägt und so gar nicht mehr zu Entscheidungen kommt, ist es für den Betrieb ebenso ineffizient, wie ein anderer, der Tage seines Lebens vertendelt mit "Trial und Error", nicht gewillt ist, eine Anleitung zu lesen oder "auf Vorrat zu lernen".

Das sind einige meiner Erfahrungen aus dem Einsatz mit der Biostruktur-Analyse im Training und in der PE. Wir können uns weiterentwickeln und dennoch uns treu bleiben, unsere Authentizität erhalten, wenn wir unsere biologisch-genetischen Strukturen erkennen, bestehende Begrenzungen akzeptieren und unsere Stärken weiter ausbauen. Und wir können mit diesen Erkenntnissen als Trainer und Teilnehmer zu mehr Effizienz in der Weiterbildung und persönlichen Weiterentwicklung beitragen. In diesem Sinne hat sich durch den Einsatz der Biostruktur-Analyse bereits einiges innerhalb der Trainingsdidaktik und -Methodik verändert und wird es wohl in Zukunft noch stärker tun.

Damit können wir Trainer individuell, teilnehmer-stärkenorientiert trainieren und damit eine solide Grundlage für einen authentischen Praxistransfer legen.